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Am Wochenende habe ich mein Buddha-Shirt zum Bauchtanz getragen. Widerspricht sich das? Vielleicht auf den ersten Blick. Gerade in der heutigen Zeit ist Buddha sehr viel populärer als Allah – oder etwa umgekehrt? Ich begebe mich bei diesem Thema in eine Art von Küche, in der ich nicht einmal Wasser heiß machen möchte.

Und heiß war mir ohnehin schon auf der Fahrt zum Workshop, weil mich wieder einmal die Vergangenheit ‚angerufen‘ hatte. Sie kennen vielleicht diesen Facebook-Spruch: „Wenn die Vergangenheit anruft, geh nicht dran. Sie hat Dir eh nichts Neues zu sagen.“ Mein Pech: Ich rege mich bei manchen dieser Anrufe schon über die Nummer auf dem Display auf. Ja, man ist auch mit fast 50 noch aus der Ruhe zu bringen.

Beim Ankommen kribbelte es am ganzen Körper und ich wusste nicht, ob es Hunger, ein mögliches Schleudertrauma durch einen Auffahrunfall im Autobahnstau oder die Vergangenheit war. Für eine genauere Analyse blieb keine Zeit, denn eine weise, in sich ruhende, alterslos schöne Frau erwartete mich: Rosina. Sie trägt den gleichen Namen wie meine Großmutter, hat ein Buch mit dem Titel ‚Der Ruf meiner Großmutter oder die Lehre des wilden Bauches‘ geschrieben und eines über die 99 Namen der einen Liebe.

Genug der Zeichen, dachte ich mir bei der Anmeldung. Genug des Kribbelns, dachte ich mir im Kreis von geschätzten 15 Frauen, die sich schwer damit taten, ihr Alter zu nennen, aber leicht, der Lehrerin zu huldigen und zu unterstreichen, dass sie während der kommenden Tage ihre Weiblichkeit zu stärken hofften. Als ich vor einem guten Jahr mit dem Bauchtanz begann, erntete ich von einer Freundin die Bemerkung: „Und wann fängst du mit dem Töpfern an?“ Bauchtanzen schien ein Synonym für ‚sich zwanghaft selbstverwirklichen wollende Midlife-Crisis-Frau‘ zu sein.

Dabei war mein Beweggrund ein ganz anderer. Während einer Reise nach Ägypten hatte ich erfahren, dass Bauchtanz eine sehr intime Angelegenheit zwischen Mann und Frau ist und gar nichts mit einem folkloristischen orientalischen Abend zu tun hat. Mich rührte dieser Gedanke, und als ich einige Tage später auf Djerba eine Frau tanzen sah, beschloss ich, das auszuprobieren – ungeachtet der Tatsache, dass ich keinen Mann hatte.

Was ich lernte, war, dass Baucheinziehen manchmal genau das Verkehrte sein kann. Dass eine gerade Haltung Ausdruck von Gegenwärtigkeit und Würde ist. Dass mein Körper Bewegungen machen kann, die ich ihm nie zugetraut hätte. Und ja, dass Weiblichkeit immer etwas Schönes ist – vor allem, wenn man sie an sich entdeckt. Insofern verstand ich die Workshop-Frauen, die nach der Frau in sich suchten. Gerade die älteren unter ihnen meditierten sich deshalb in Tränen hinein und tanzten sie dann aus sich heraus. Eine wunderbare Erfahrung.

Aber einige von ihnen waren auch gekommen, um den Drehtanz der Derwische ‚zu kosten‘, wie Rosina es ausdrückte. Vor zwei Jahren hatte ich an der Wiege des Sufismus einem solchen Tanz beiwohnen dürfen, und die Faszination hat angehalten. Also ja, auch ich freute mich darauf, denn das Körperkribbeln hatte sich jetzt in Gedankenspiralen manifestiert, und die kleben erfahrungsgemäß hartnäckig. Das Wichtigste bei diesem Tanz: Man verbindet Himmel und Erde über den Weg des Herzens, der Liebe. Deshalb sieht man Derwische auch immer mit einem nach rechts gebeugten Kopf. Dadurch machen sie die Bahn frei für die Energie, die über das Herz läuft.

Und während ich meine Füße zu einem T formte und mich langsam zu drehen begann, kamen auch mir die Tränen. Die der Verletztheit, der Ignoranz, der Missachtung. Und ich spürte, dass ich zwar das Produkt meiner Wunden bin, doch immer noch die Wahl habe, wie ich damit umgehe. Nach etlichen Minuten der Drehung in Richtung meines Herzens wusste ich, was ich der Vergangenheit zu antworten hatte. Das spiralisierende Kribbeln hatte aufgehört.

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
Kommentare  
# Andrea Von Duering B 2016-04-25 14:28
Nein, natürlich nicht......wir tragen alles in uns . In meinem Tanzstudio gibt es einen großen Buddha und eine Paravant mit Buddha drauf!
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# magclaudia dabringer 2016-05-20 11:59
worauf bezieht sich dein "nein, natuerlich nicht..."? dass wir alles in uns tragen, ist schoen und wahr!
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# Ana Weber 2016-04-26 11:08
Was für ein schöner Text! Schön von jemanden zu lesen dem es ähnlich geht wie mir :-)
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# magclaudia dabringer 2016-05-20 11:58
vielen dank fuer die freundlichen worte, liebe ana!
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# vater 2016-05-31 18:18
fein
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