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Es treibt mich ja schon um, das Grauhaarige. Und obwohl ich durchwegs positive Rückmeldungen auf meine Salz-und-Pfeffer-Mähne bekomme, merke ich doch, wie schwer es anderen Frauen fällt, zu ihrer Natur zu stehen. Deshalb bin ich jetzt Mitglied in einer Facebook-Gruppe, in der sich alles um den Übergang von gefärbtem zu grauem Haar dreht.

Nein, mir ist in dieser knapp 14.000 Menschen umfassenden Gruppe noch kein Mann untergekommen. Es scheint für sie auch kein Thema zu sein, so sehr sich die Kosmetikindustrie auch anstrengen mag. Spätestens seit George Clooney fühlt sich ja jeder mit grauen Schläfen ein bisschen wie ein „sexiest man alive“. Und das ist auch gut so, manche Männer gewinnen ja tatsächlich mit dem Alter. Nur um Unterstellungen zuvor zu kommen: Ich rede nicht von jüngeren Frauen!

Warum fällt es also gerade uns Frauen so schwer, zu Mutter Natur zurückzukehren? Nicht umsonst heißt sie genauso und nicht „Vater Natur“. Das Natürliche, Fruchtbare, Schöpferische ist unser Metier, wenn man so sagen will, auch die Intuition, das Gefühl. Ob Blumen Gefühle haben, kann ich jetzt nicht sagen, auch wenn ich durch meinen Garten gehen und über Zedern, Rosen und Malvensträucher streichle. Lassen Sie es mich so sagen: Geschadet hat es ihnen bislang nicht. Bilder zeigen, dass Baumkronen so ineinander wachsen, dass alle genügend Licht bekommen – intuitiv, könnte man sagen, oder empathisch. Skeptiker werden bestimmt ein anderes, wissenschaftlich untermauertes Argument dafür finden. Über die Fruchtbarkeit und Schöpferkraft der Natur brauche ich mich gar nicht erst auslassen – das liegt auf der Hand, auch wenn wir uns derzeit in einer Jahreszeit befinden, die uns genau das Gegenteil lehrt. Doch auch das gehört zum Leben.

Wie graue Haare eben auch. Und die sind möglicherweise immer noch an Helmfrisuren gekoppelt, die sich hartnäckig in unserer Erinnerung halten. Sie waren eben grau, wahlweise leicht violett und läuteten früher das Zeitalter der geschlechtslosen Frau ein. Irgendwie scheint sich das in unseren Köpfen eingefräst zu haben und schlimmer, auch in denen der Jüngeren. In der Facebook-Gruppe finden sich sehr viele junge Frauen, die damit hadern, vor ihrer Zeit das eine oder andere weiße Haar vorgefunden zu haben. Und wie um sich zu trösten, geht die Frage in die Runde, wann „es“ denn bei anderen angefangen habe. Ich kann mich nicht mehr erinnern, auch nicht daran, dass ich einen hysterischen Anfall bekommen hätte. War einfach so. Das mag damit zusammenhängen, dass ich zwei Großmütter hatte, die majestätisch ergraut sind. Die eine trug eine huldvolle Hochsteckfrisur, bei der kein Haar aus der Reihe tanzte. Die andere hatte erst mit über 100 Jahren ganz weiße Haare und trug diese zuletzt in einer fast schon experimentellen Fasson.

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Ich glaube, es liegt an den Vorbildern. Und an einem Schönheitsideal, das sich nur langsam wandelt – zumindest für Frauen fortgeschrittenen Alters. Das interessante – viele in der Gruppe schreiben, dass ihre Männer vollends glücklich damit sind, dass das Färben ein Ende hat. Und auch ich mache immer wieder die Erfahrung, dass es die Frauen untereinander sind, die glauben, alt, wenn grau zu sein. Es ist auch viel von Mut die Rede, den man braucht, um dieses Grau heraus wachsen zu lassen. Für mich hatte es ja immer mehr mit Mut zu tun, die Farbe zu wechseln. Nicht dass ich das vollumfänglich ausprobiert hätte – zu mehr als einer blonden Haarsträhne und einer Wäsche mit einem Henna-Shampoo habe ich Feigling es nie gebracht. Und das ist wirklich lange her und eher dem damals geltenden Mainstream geschuldet.

Wenn ich im Konzert in der letzten Reihe sitze und auf die Hinterköpfe vor mir meditiere, stelle ich fest, dass es wohl auch einen Mainstream für Frauen gibt. Und der hat mit Natur wenig zu tun. Oft wollte man den Friseur verklagen, der in einem Anfall von Unfähigkeit die natürliche Schönheit seiner Kundin unterminiert hat. Weil die Farbe vielleicht zum Schal, aber bestimmt nicht zur Haut oder den Augen passt. Das kriegt eben nur die Natur hin, denn die irrt sich bekanntlich selten. Oder haben Sie schon einmal eine Margerite auf einem Rosenstrauch gesehen? Eben. Eine Frau schreibt in der Gruppe, dass sie während des Wechsels der Haarfarbe mehr Makeup aufgelegt hatte, weil sie glaubte, das Grau mache sie ebenfalls grau. Jetzt, nach einem Jahr, fühle sie sich sehr wohl mit ihrem „new grey“. Und ich möchte rufen: „Natürlich!“

Claudia Dabringer

Claudia Dabringer

Studium der Germanistik und Publizistik in Salzburg mit allem, was zu einer Studentenzeit dazugehört. Mehrjährige Konzentration aufs Radiomachen, bis alles durchexerziert war und das Schreiben wieder im Kopf präsent wurde. Seitdem freie Journalistin und als Fachtrainerin & Schreibpädagogin...
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